Die Schweiz steigt schrittweise von den fossilen auf die erneuerbaren Energien um. So sieht es die Energiestrategie 2050 vor. Das hat auch Folgen für die SWG: Sie schlägt einen neuen Kurs ein. Wie sich das Unternehmen verändern will, erklärt Geschäftsleiter Per Just.
Die SWG setzt sich zum Ziel, die Dekarbonisierung in der Region voranzutreiben. Wofür steht der Begriff Dekarbonisierung?
Per Just: Dekarbonisierung heisst für uns, dass durch unsere Tätigkeit langfristig kein Kohlendioxid und keine anderen klimaschädlichen Gase mehr entstehen – und zwar nicht nur in unserem Unternehmen selbst, sondern auch bei den Kundinnen und Kunden.
Wie wollen Sie das erreichen?
Mit unserer neuen Strategie verfolgen wir zwei Hauptziele, ein ökologisches und ein ökonomisches: Erstens streben wir für 2050 das Netto-Null-Ziel an, wollen also spätestens dann keine Klimagase mehr verursachen. Zweitens soll unser Ertrag in Zukunft konstant bleiben. Diese beiden Ziele sind miteinander verbunden: Nur wenn wir weiterhin einen angemessenen Gewinn erwirtschaften, können wir in neue, klimafreundliche Technologien investieren.
An welche Technologien denken Sie?
Wir wollen die Biogasproduktion ausbauen, damit unser Gas zu einem immer höheren Anteil erneuerbar ist. In dicht bebauten Gebieten mit einem hohen Wärmebedarf realisieren wir Nahwärmeverbünde, die regionales Holz als Energieträger nutzen. Eine weitere wichtige Technologie sind die sogenannten Anergienetze. Und wir wollen künftig viel Strom mit Solar- und Windenergie produzieren.
Wo steht das Projekt «Windkraft Grenchen»?
Wir warten seit Langem auf den Entscheid des Bundesgerichts zur Einsprache gegen den Nutzungsplan. Wenn wir vom Bundesgericht grünes Licht erhalten, werden wir das Projekt mit Hochdruck vorantreiben.
Sie haben auch die Anergienetze erwähnt. Was steckt hinter diesem Begriff?
Anergie steht beim Heizen vereinfacht gesagt für Energie mit niedriger Temperatur. Als regionale und klimafreundliche Energiequelle dient zum Beispiel Abwärme. Doch Anergie allein liefert nicht genügend Wärme zum Heizen. Deshalb erfordert ein Anergienetz weitere Energiequellen, um die benötigte Temperatur zu erreichen. Das können zum Beispiel Wärmepumpen in den Quartieren sein.
Wie gehen Sie nun weiter vor, um die neue Strategie umzusetzen?
In einem ersten Schritt erstellen wir einen Wärmekataster. Dabei handelt es sich um eine Art Inventar, das für alle Gebäude in unserem Versorgungsgebiet ermittelt, wie gross ihr Wärmebedarf ausfällt. Einerseits ist ein solcher Kataster interessant für die Hauseigentümerinnen und -eigentümer. Sie sehen, wie gut ihr Gebäude beim Wärmebedarf abschneidet. Bei einem hohen Verbrauch sollen sie dazu motiviert werden, Sanierungsmassnahmen umzusetzen – etwa die Fenster zu erneuern. Andererseits erkennen wir durch den Wärmekataster, wie gross der Wärmebedarf pro Quartier ausfällt. Das zeigt uns, wo zum Beispiel eine Holzheizzentrale oder ein Anergienetz Sinn macht.
Was bedeutet die neue Strategie der SWG für die Kunden?
Wir begleiten sie bei der Energiewende und wollen ihnen gleichzeitig das Leben erleichtern. Bisher haben wir ihnen einfach einen Energieträger wie zum Beispiel Gas verkauft. Für den Rest waren sie selbst verantwortlich, etwa für die regelmässige Wartung der Heizung oder für ungeplante Reparaturen. Neu bieten wir ihnen mehr – nämlich klimafreundliche Wärme direkt ins Haus. Um eine eigene Heizung brauchen sie sich nicht mehr zu kümmern. Wir werden für die Kunden also zum Anbieter einer Gesamtlösung.
Wie verändert sich die SWG durch die neue Strategie als Arbeitgeberin?
In den kommenden Jahren entstehen neue, interessante Stellen. Wir suchen Fachleute, die sich bei uns für die Energiewende einsetzen wollen und tatkräftig mithelfen, dass wir gemeinsam das Netto-Null-Ziel erreichen. Das macht uns als Arbeitgeberin noch attraktiver. Denn gerade viele junge Leute suchen heute eine sinnvolle Stelle, in der sie etwas Positives bewegen können.
Contracting – Wärme im Abo
Mit der neuen Strategie realisiert die SWG immer mehr Wärmelösungen im Contracting. Das bedeutet, dass sie ein Heizsystem wie etwa einen Wärmeverbund nicht nur baut und betreibt, sondern auch finanziert. Die Hauseigentümerinnen und -eigentümer benötigen somit kein Kapital mehr für eine eigene Heizung und bleiben vor Reparaturkosten verschont. Beim Contracting bezahlen sie einen vertraglich vereinbarten Betrag, der sich mit einer Abogebühr vergleichen lässt, sowie die Energiekosten gemäss ihrem Wärmebedarf.