Der Windpark auf dem Grenchenberg wird einen wichtigen Beitrag zur sicheren und erneuerbaren Energieversorgung in der Schweiz leisten. Welches sind die nächsten Schritte dafür und wie bereitet sich die SWG auf den Bau vor? Lars Losinger, Geschäftsleiter ad Interim, gibt einen Überblick.
Warum ist der Windpark auf dem Grenchenberg für die SWG ein wichtiges Projekt?
Lars Losinger: Er ist sogar unser wichtigstes Projekt. Denn mit dem Windpark nehmen wir unsere Verantwortung wahr und tragen zur Versorgungssicherheit in der Schweiz bei. Der auf dem Grenchenberg gewonnene Strom entspricht rund zwei Dritteln des Bedarfs aller Grenchner Haushalte und Gewerbebetriebe. Das Beste daran: Der grösste Teil des Stroms entsteht im Winter, wenn wir ihn besonders dringend benötigen.
Sind die Warnungen vor einer Energiemangellage im Winter nicht übertrieben? Im vergangenen Winter ist ja keine eingetreten …
Das liegt vor allem an der ungewöhnlich warmen Witterung dieses Winters. In den meisten Monaten waren die Temperaturen deutlich höher als üblich. Wenn in den kommenden Wintern wieder normale Temperaturen herrschen, kann sich die Situation ganz anders präsentieren. Die Schweizer Stromversorgung hat in den Wintermonaten schlicht nicht genügend Reserven. Es braucht nur wenig, damit eine Mangellage eintritt.
Um das zu vermeiden, hat der Bund die Wasserkraftreserve in den Stauseen eingeführt und Verträge für drei Reservekraftwerke abgeschlossen. Braucht es da die Windenergie überhaupt noch?
Diese Massnahmen sind kurzfristig wichtig und richtig. Aber die fossil betriebenen Reservekraftwerke dürfen höchstens eine Übergangslösung für den Notfall sein, weil sie im Betrieb bedeutende Mengen CO2 ausstossen. Windenergieanlagen hingegen sind klimafreundlich und liefern zwei Drittel des produzierten Stroms im Winter. Dadurch ergänzen sie die Wasserkraft und die Solarenergie im Jahresverlauf optimal.
Wo stehen die Arbeiten für den Windpark auf dem Grenchenberg derzeit?
Ende 2022 reichten wir das Dossier mit den Projektänderungen für das Baugesuch bei der Stadt Grenchen ein. Dieses wurde Mitte April publiziert.
Um welche Projektänderungen geht es im eingereichten Dossier?
Es geht um drei Themen: erstens um die Anpassung von sechs auf vier Windenergieanlagen, zweitens um Präzisierungen bei den Massnahmen zu Vögeln und Fledermäusen sowie drittens um den Typ der Windenergieanlagen. Da es den ursprünglich vorgesehenen Anlagentyp inzwischen nicht mehr gibt, wurde mit der Projektänderung eine Referenzanlage mit den genauen Spezifikationen eingegeben, aber kein konkretes Modell mehr. Denn die Erfahrung zeigt: Der Markt für Windenergieanlagen ist derzeit dynamisch, die Anlagen entwickeln sich schneller als die Bewilligungsverfahren. Selbstverständlich müssen die Anlagen die Vorgaben der genehmigten Nutzungsplanung einhalten.
In der Frühlingsession hat der Nationalrat eine parlamentarische Initiative zur Windenergie gutgeheissen. Worum geht es?
Die Vorlage verfolgt das Ziel, die Bewilligungsverfahren für den Bau von Windenergieanlagen zu beschleunigen, um rasch eine zusätzliche Jahresproduktion von 1 TWh Strom aus Windenergie zu realisieren. Neu soll die Baubewilligung für Windenergieprojekte im nationalen Interesse, die über eine rechtskräftige Nutzungsplanung verfügen, vom jeweiligen Kanton erteilt werden und das damit zusammenhängende Verfahren gestrafft werden. Gegen die Bauausführung gemäss dem genehmigten Nutzungsplan ist nur noch die Beschwerde ans oberste kantonale Gericht zulässig. Die Vorlage geht nach dem Ja des Nationalrats im Sommer in den Ständerat.
Wenn auch dieser zustimmt: Was bedeuten die Änderungen für den Windpark auf dem Grenchenberg?
Unser Windpark gehört zu den sechs Windenergieprojekten mit rechtskräftiger Nutzungsplanung und ist somit direkt von der Gesetzesänderung betroffen, wenn sie in Kraft tritt. Die erwähnten Änderungen zum Baugesuch würde dann der Kanton bewilligen. Die ursprüngliche Baubewilligung wurde bereits 2019 erteilt. Das Beschwerdeverfahren vor dem kantonalen Verwaltungsgericht wurde jedoch bis zur Behandlung der Projektänderung sistiert. Falls die Gesetzesänderungen gemäss der parlamentarischen Initiative in Kraft treten, könnte das Verwaltungsgericht abschliessend über die Baubewilligung entscheiden. Die genauen Auswirkungen auf das Verfahren, die Prozesse und die Verantwortlichkeiten müssen wir aber noch gemeinsam mit den kantonalen und kommunalen Behörden klären.
Warum würde das Bewilligungsverfahren beschleunigt?
Einerseits, weil die Verfahren gestrafft und auf kantonaler Ebene koordiniert würden. Und andererseits, weil gegen die kantonale Baubewilligung nur noch eine Einsprache beim kantonalen Verwaltungsgericht eingereicht werden könnte, aber nicht mehr beim Bundesgericht.
Wie stark würde das Verfahren dadurch beschleunigt?
Bei einer Annahme der Vorlage könnte bis Ende 2023 die Baubewilligung vorliegen. Doch auch wenn sie erst 2024 erteilt wird: Durch die Genehmigung der Nutzungsplanung ist die Frage nicht mehr, ob der Windpark gebaut wird, sondern wann.
Wie bereitet sich die SWG auf seine Realisierung vor?
Vor Kurzem hat bei uns ein neuer Projektleiter für den Windpark mit seiner Arbeit begonnen. Er koordiniert die gesamte Vorbereitung für den Bau des Windparks samt der Erschliessung.
Zum Schluss noch jene Frage, welche die Grenchner Bevölkerung wohl am meisten interessiert: Wann beginnt der Bau des Windparks?
Er beginnt nach Vorliegen der Baubewilligung – voraussichtlich 2024. Die Bauphase dauert rund eineinhalb Jahre. Aus heutiger Sicht planen wir, den Windpark Ende 2025 in Betrieb zu nehmen.